Anonymous hat geschrieben:Hallo Wladi,
du berichtest von einer JRT-Hündin, die den ganzen Tag auf der Couch liegt und nur zum Gassi raus geht: ich habe ganz ganz ganz große Zweifel, dass die Hündin glücklich oder zumindest zufrieden ist, wenn sie keine rassegerechte Auslastung erleben darf. Das ist sehr untypisch für einen JRT.
Dass euer Hund, wenn er dann alt genug ist, euren Sohn beim Joggen begleiten soll, ist natürlich schön und auch machbar- aber es wird den Hund nicht auslasten, zumindest nicht seinen Bedürfnissen entsprechend. Das lange Laufen wird ihn körperlich für einen klitzekleinen Moment auslasten- ihn aber gleichzeitig in Kraft und Ausdauer trainieren, so dass sein Bewegungsanspruch langfristig steigen wird.
Ein JRT hat Jagdtrieb, diesen könnt ihr, denke ich mal, nicht klassisch befriedigen (mache ich auch nicht, ich persönlich lehne die Sport-Jagd ab). Dafür solltest du dem Hund dann einen Ausgleich, eine Alternative bieten. Das kann z.B. Dummytraining oder Fährtenarbeit sein. Wenn du dich dazu entscheidest, solltest du das langsam aufbauen. Unsere Hündin liebt insbesondere das Dummytraining, Fährtenarbeit lastet sie aber sehr aus, weil das Schnüffeln sehr viel Konzentration erfordert.
Ich gehe mit Muffin alle 14 Tage Fährte (zusammen mit meiner Tochter hier bei uns im Wald) . Wir machen etwa 1 bis 2 mal die Woche Dummytraining. Wir haben mit Agility begonnen, dieser Hundesport bietet sich für einen JRT geradezu an, wenn er gesund und alt genug ist. Zudem machen wir Trickdogging, und zwar täglich mehrere kleine Einheiten (Ausnahmen bestätigen die Regel). Dies übernehmen in der Regel meine Kinder (16 und 11 Jahre alt). Außerdem besuchen wir einen Hundesportverein, dort machen wir neben Agility auch UO, da Muffin langfristig die Begleithundeprüfung ablegen soll.
Im Alltag stehen immer wieder Suchspiele aller Art an. Auch das lastet den Hund geistig aus. Ihr könnt euch verschiedene Dinge einfallen lassen, die die Intelligenz dieser äußerst cleveren Rasse fordern, also Sachen, bei denen der Hund sein Köpfchen anstrengen muss.
Falls ihr euch nun einen JRT holt (und es klingt sehr danach ....), dann seid euch bitte darüber bewusst, was da auf euch zukommt. Grundsätzlich kann man sagen: ein JRT verzeiht keine Erziehungsfehler, da ist absolute, liebevolle Konsequenz gefragt. Ein JRT wird nicht Kommandos befolgen und dich als Chef anerkennen, weil du ihm körperlich überlegen bist oder ihn anbrüllst, sondern weil er erkennt, dass du oberschlau, sehr souverän und allwissend bist
, wenn du verstehst, wie ich das meine. Um deine "Schlauheit" dem Hund zu beweisen, bietet sich u.a. auch das Dummytraining mit einem Pre-Dummy an, denn du wirst deinen Russell in Erstaunen setzen, wenn du- und er schafft es nicht- den Dummy öffnest und die Leckerlies hervor holst.
Für einen JRT muss es sich lohnen zu gehorchen. Er wird nur widerwillig hören, wenn er keinen Nutzen daraus zieht. Es wird oft geschrieben, der JRT sei stur- das ist er nicht. Er ist überaus schlau!!!
Zudem hat der JRT Eigenarten, die oft missverstanden werden. Ein schönes Beispiel ist sein Spielgesicht in Verbindung mit Maulspielen. Das Spielgesicht sieht für Menschen, de das nicht kennen, wie fletschen aus: der Hund zieht die Oberlippe hoch und seine Zähnchen sind zu sehen, die Nase wird dabei kraus gezogen. Das ist lieb, nicht böse. Viele JRT (unsere ganz besonders) lieben Maulspiele, d.h. sie spielt mit meinen Händen. Darum ist es extrem wichtig, dass sie in der Welpenzeit die Beißhemmung erlernen, sonst hast du irgendwann einen schnappenden Hund, der zu viel Beißkraft in das Spiel legt. Maulspiele erfordern Vertrauen.
JRT haben Terrier-Minuten, d.h. sie knallen mal eben für ein paar Minuten durch. Ein schönes Beispiel: immer, wenn wir aus dem Wald kommen (1-2 Stunden sind Pflicht, dabei bitte nicht nur spazieren, sondern dem Hund Wald- und Wiesen-Agility bieten, Suchspiele einbauen, apportieren lassen usw. usw.- ansonsten sucht der Hund sich ganz schnell selbst eine Beschäftigung und jagt Jogger oder rast davon und du siehst seinen weißen Popo am Horizont verschwinden), rast Muffin danach ein paar Minuten durch die Bude, wie ein Torpedo umkreist sie die Möbel, hält kurz inne, lacht mich an und rast dann im Affenzahn weiter durch die Bude. DAS ist ganz typisch für einen JRT und wird dir, gerade bei einem Junghund, eigentlich täglich widerfahren. Dabei wird von Couch zu Couch gesprungen, über dich hinweg gehopst usw. Ich weiß nicht, wie dein 3-jähriges Kind damit umgehen wird ... Ebenfalls is der JRT ein ewig hüpfender, springender Flummi, gerade der Welpe/Junghund wird in seiner überaus überschwenglichen Freude eure Beine zerkratzen und an deinen Kindern hochspringen- bei eurem jüngsten Kind wird er dabei auch das Gesicht erreichen, du musst also immer sehr schnell reagieren und sehr auf der Hut sein.
Sei dir also darüber bewusst, dass euer Leben aus den Angeln gehoben wird. Auch das Stubenrein-werden kann bei einem JRT etwas länger dauern als im Durchschnitt. Zudem ist der JRT bellfreudig! Ich hoffe, du weißt das! Wirst du einem JRT gegenüber ungehalten, so puscht ihn das auf, es wirkt also kontraproduktiv. Du brauchst sehr viel Feingefühl und Geduld. Ein Welpe ist natürlich immer ganz bezaubernd und noch leichter zu lenken, erst wenn der Hund zum Junghund heranwächst, wirst du sehen, was in einem JRT drin steckt. Auch hier im Forum gibt es zahlreiche Beiträge wie "Hilfe, unser JRT schnappt nach meinen Kindern!" Hilfe, unser JRT beißt uns!" "Hilfe, unser JRT jagt alles!" usw. Solche Probleme entstehen dann, wenn man den Terrier nicht terriergemäß erzieht und auslastet- es ist kein Labrador, der sich viel leichter "bändigen" lässt, darüber musst du dir absolut bewusst sein. Ein JRT ist kein Anfängerhund, ganz und gar nicht. Ausnahmen bestätigen die Regel, wie immer, aber wenn du so eine Ausnahme haben willst, ist er die falsche Rasse. Ein JRT hat, um es mal ganz platt auszudrücken, einen kleinen Knall, er ist größenwahnsinnig und empfindet sich als 60kg-Hund.
Aber: wenn du es schaffst, ihn wirklich auszulasten, eine sehr intensive Bindung aufzubauen, ihn vor negativen Erfahrungen (z.B. auch mit euren Kinden!!) zu schützen, dann hast du einen Hund, der an deiner Seite klebt, der abends auf deinem Schoß schläft, der sich knuddeln und wuscheln lässt und der jeder noch so kleinen Spielaufforderung (die immer nur von euch kommen darf, nicht vom Hund!) folgen wird. Wenn du Terriereigenschaften liebst und dich wirklich um den Hund bemühst, wirst du extrem viel Freude mit dem Hund haben. Unsere Muffin hat eine sehr intensive, innige und höchst vertrauensvolle Bindung zu uns. Wir leiben dieses durchgeknallte der Rasse, wir lachen, wenn sie wild ihre Kreise zieht und sie schläft in unseren Betten, auf der Couch usw. Ob du das möchtest, ist deine Sache, Pflicht ist es nicht, aber es fördert die Bindung. Dein Hund muss dir vertrauen und Respekt vor all deinen unglaublichen Fähigkeiten haben, ansonsten sieht er die Sicherheit des Rudels in Gefahr und wird das Ruder übernehmen wollen- zum Schutz "seiner" Leute. Aber das alles kostet enorm viel Zeit und Arbeit!! Wirklich, unterschätze das nicht!! Den Hund stubenrein zu bekommen ist dagegen ein nicht-erwähnenswerter Klacks.
Ich wünsche mir eigentlich, dass ihr euch für eine andere Rasse entscheidet, weil mir bei dir jegliche Fachkenntnis fehlt. Du bist ein Anfänger und solltest, auch im Sinne deiner Kinder, einen
Anfängerhund haben. Ansonsten wünsche ich mir, dass du dich weiter sehr intensiv über die Rasse informierst, einer HuSchu bzw. einem Hundeverein beitrittst und alles gibst, um dem Hund gerecht zu werden. Wird es ein JRT, so scheue dich nicht, hier im Forum weiterhin Rat zu suchen. Hier sind i.d.R. alle gerne bereit, andere zu unterstützen.
Schreib doch mal, wie es bei der Züchterin (Vermehrerin) war, ja? Lass dir nachweisen, dass die Elterntiere keine PL haben, das ist eine bei den JRT häufig auftretende Erbkrankheit des Kniebereiches, die Kniescheibe springt hinaus. Kann sie diesen Nachweis nicht erbringen (und davon gehe ich aus, bei einem Hund für 200€), dann lass die Finger davon!! Es ist Unsinn zu behaupten, dass die Hunde von Vermehrern genau so gesund sind wie die von Züchtern.
Züchter wählen ausschließlich gesunde Tiere, die Eltern durchlaufen diverse Untersuchungen bevor sie zur Zucht zugelassen werden. Vermehrer wollen "mal eben Welpen" und geben einen Dreck darauf, ob die Welpen auch im Alter noch gesund sind. DU hast später die TA-Kosten, denk daran!
Liebe Grüße! :waving: