Ich habe immer Verbeller geführt, aber mir natürlich auch über andere Verweismethoden Gedanken gemacht. Mit den gängigen Ausbildungsmethoden der Bringsler war ich aber nie zufrieden. Ich hatte immer meinen eigenen Plan - ich bilde gern alles komplett Rückwärts aus und habe damit immer die besten Erfahrungen gemacht.
Dann wollte ich es wissen und es einfach mal ausprobieren. Dafür habe ich mir den Goldie meines Vaters ausgeliehen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es funktionieren würde, weil ja alle immer betonen, wie schwierig das ist, aber ich wollte mal üben. Deshalb auch der geliehene Hund - ich bin ja Ausbilder, versaue aber ja keinem Interessenten seinen Hund für meine Experimente und einen eigenen vierten Hund wollte ich nicht.
Meine Vorüberlegungen:
Das Rückführen soll an der
Leine geschehen, weil es mir am Einfachsten für die Ausbildung erscheint und den Hund nicht dazu bringt, den Weg 100 mal laufen zu müssen.
Als Bringsel verwende ich das "norwegische Bringsel", welches viele Vorteile gegenüber dem normalen Bringsel hat. Das normale Bringsel ist ein länglicher Gegenstand, der mit einem Karabiner einfach an das
Halsband gehakt wird. Es hat den Nachteil, dass es beim Laufen gegen den Hund schlägt, was viele Hunde nervt und dazu animiert, das Bringsel ohne Fund aufzunehmen. Außerdem muss der Hund das Bringsel aktiv festhalten, was widerum das bringen beim Hecheln erschwert.
Das norwegische Bringsel ist ein Halsband mit angebauten Bringsel, das zu beiden Halsseiten befestigt ist. Es wird so kurz geschnallt, dass der Hund es gerade noch aufnehmen kann. Es liegt dann aber sicher hinter den Fangzähnen und kann auch bei geöffnetem Fang nicht mehr aus dem Maul fallen. Der Hund muss es aktiv ausspucken.
Übrigens: Das Apportieren können ist bei meiner Ausbildungsmethode keine Voraussetzung für den Beginn des Bringsels.
Hier mein Ausbildungsweg kurz zusammengefasst, die Beschreibung ist dennoch lang. Ich hoffe, ich langweile Euch damit nicht.
Als erstes lernt der Hund, dass der Helfer den Ball hat und er mit ihm spielen darf.
Dann darf er erst auf "Zeig" zum Helfer laufen.
Anschließend lernt er, dass ich an der Leine mitlaufe, allerdings anfangs ohne ihn zu behindern (lange Leine und kurze Distanz!) und dann beginne ich daraus langsam das Führen zu formen, bis die Sache auch auf längere Distanz querfeldein super klappt.
Hier ein Foto vom Zurückführen -sorry, wenn ich mit Hunden arbeite, gucke ich immer so - leider kann ich das Foto nicht als Bild hier einstellen, deshalb müsst Ihr den Links folgen:
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Dann lernt der Hund in mehreren Einzelschritten, dass er ein "Reel" (Trainingsbringsel ohne Halsband) bei mir gegen Futter tauschen darf und später, dass er das Reel erst vom Helfer holen muss, wenn er es bei mir gegen Futter tauschen möchte.
Dabei legen wir das Reel NIEMALS auf den Helfer und wir benutzen auch keine wechselnden Positionen für das Reel!!
Der Hund lernt, dass das Reel immer rechts neben dem Helfer liegt. Denn der Hund soll nie in die Versuchung kommen, am oder um den Helfer herum zu suchen. Die Anzeige soll schnell gehen und wir wollen vermeiden, dass der Hund jemals in Versuchung kommt, den Helfer zu bedrängen.
Dann werden die Distanzen verlängert. Auch hier muss er noch nicht suchen, auch wenn die Distanzen später schon lang und die Übung im Wald ist. Hierfür lernt er das
Kommando "Such und Hilf", was für ihn nur "Tausche das Reel" heißt. Aber um tauschen zu können, muss er eben erst zum Helfer hinlaufen, sonst hat er ja keines.
Auf diesem Bild seht Ihr Calle, der gerade ein Reel vom Helfer geholt hat und es mir bringt. Ihr seht auch, dass er das Bringselhalsband bereits trägt.
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Klappen beide Übungen zuverlässig in allen Situationen fehlerfrei, dann verlange ich ihm beide Übungen hintereinander ab:
"Such und Hilf": Er will das Reel bei mir gegen Futter tauschen und läuft daher zum Helfer, um das Reel zu holen und es mir zu bringen. Reelabgabe, Grundstellung, anleinen und dann "Zeig": Er will beim Helfer mit dem Ball spielen und führt mich deshalb zum Helfer.
Fertig ist die Anzeige.
Wenn auch die komplette Anzeige fehlerfrei, auf lange Distanz und auch in unwegsamen Gelände klappt, dann bringen wir dem Hund in Kurzanzeigen bei, das Halsband zu nehmen. Es wird dafür ganz lang geschnallt und fällt dem Hund direkt vor die Schnauze, wenn er - wie er es immer macht - am Boden an der Rechten Seite des Helfers das Reel aufnehmen möchte, das aber nun nicht mehr dort ist. Dafür findet er dann dort das Bringsel (evtl. muss man hier eine kurze Zwischenhilfe geben, aber nur ganz kurz).
In Ermangelung des Reels bringt er das Bringsel und lernt, dass das auch geht.
Wenn das klappt, dann wird das Halsband schrittweise wieder kürzer gestellt, bis der Hund gerade eben etwas Mühe hat, das Halsband noch aufzunehmen. Er wird Übung bekommen und es leicht schaffen, aber er soll das Halsband ja nachher nicht deshalb aufnehmen, weil es ihm z. B. beim Laufen stört, also möglichst kurz sein.
Wenn der Hund das kann, dann wird wieder oft mit den Reels gearbeitet. Bjarne, der Erfinder des norwegischen Bringsels, schnallt den Hunden dann das Bringsel wieder hoch. Ich mache das nicht, denn dann kann der Hund noch immer anzeigen, wenn mit dem Reel etwas schief geht. Hat sich bewährt.
Der Hund arbeitet auch später immer öfter mit dem Reel als mit dem Halsband und soll wissen, dass es seine Aufgabe ist, das Reel zu bringen, er aber das Halsband nehmen darf, wenn mal kein Reel dort ist.
Das hat den Vorteil, dass der Hund nicht auf die Idee kommen wird, die Anzeige abzukürzen, indem er immer früher das Bringsel aufnimmt, obwohl er noch nicht ganz beim Helfer war, denn er muss ja dorthin gehen um zu sehen, ob ein Reel vorhanden ist.
Komplett und fertig, sieht das dann so aus:
Calle sucht, man sieht das Halsband lose hängen:
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Dann bringt er mir das Bringsel am Halsband:
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Und dann kommt das Rückführen mit dem ersten Foto dieses Beitrags. Inzwischen bin ich übrigens auf eine drei Meter lange Lederleine umgestiegen.
Da ich dem Hund das Rückführen und das Anzeigen getrennt voneinander beibringe und dann einfach die Kommandos hintereinander gebe, kann ich auch jederzeit nur eine dieser Übungen verlangen und also nur Bringen oder nur Rückführen üben, ohne den Hund zu verwirren.
Ich kann auch das Rückführen zwischendurch unterbrechen. Z. B. wenn der Hund unter einem Baumstamm durchgeht, den ich lieber überkletten möchte oder wenn sich die Leine verheddert hat. "Sitz!", Leine entwirren, "Zeig!" Und weiter geht´s ohne Probleme.
Da der Hund immer glaubt, die Reels bringen zu müssen, kommt er nie auf die Idee, die Anzeige abzukürzen. Und da er normalerweise die Reels bringt, kann ich auch ohne Funkgerät sehen, ob er eine Fehlanzeige macht oder nicht. Bringsler nehmen ja gerne mal das Halsband auf, ohne jemanden gefunden zu haben, weil sie sich die Zwischenbestätigung holen wollen. Das hat Calle, und die anderen Bringsler die wir inzwischen haben, noch nie gemacht.
Und zum Thema kompliziert, aufwändig und total schwierig:
Der beschriebene Aufbau war zwar lang, aber insgesamt sehr kurz gehalten, weil ich alle Zwischenschritte weggelassen habe. Hält man sich an diesen Aufbau und lässt sich genug Zeit für die kleinsten Zwischenschritte und deren Festigung, dann versteht der Hund wirklich, was er soll. Und zwar ohne Helferhilfen, wenn man vom Anreizen am allerersten Ausbildungstag und von der eventuell notwendigen Hilfe bei den ersten Halsbandbringsel-Aufnahmen absieht.
Calle war drei Jahre alt, als ich die Ausbildung begonnen habe. Und nach GENAU zwei Jahren Ausbildungszeit hat er vor Kurzem die Rettungshundeprüfung souverän bestanden.