Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Rettungshunde und alle anderen "Hilfsnasen"
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Katrin85
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Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Katrin85 »

Wer mag mir von seinen Erfahrungen berichten? Ich hab mich bisher nur gedanklich damit auseinander setzen können und ich denke auch dass ich damit "klar kommen" würde einen Leichenfund zu haben. Seit ich mit in Einsätze gehen darf (Ende08) habe ich keinen Fund erlebt. Im Januar wurde eine Leiche am dritten Tag der Suche gefunden, wo ich die Suchen mitgemacht hab, beim Fund allerdings nicht dabei war.
Mich würden einfach eure Erfahrungen interessieren, wie ihr solche Situationen erlebt und verarbeitet habt. Wie die Hunde reagiert haben, ob es hinterher Gespräche in der Staffel gab, etc. Mit welchem Gefühl geht ihr in nen Einsatz wenn eigentlich nur noch der Fund eines Toten erwartet werden kann?

Betrifft jetzt hauptsächlich die Flächensuche. In den Trümmern ist die Erwartungshaltung sicherlich nochmals anders. Gerne auch eure Erfahrungen.

Raven

Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Raven »

Als ich noch mit Simba im HRD Bereich trainiert habe, hatten wir einen Trainingseinsatz auf einem Wagenplatz, auf dem Autos standen, die teilweise von der Polizei eingezogen worden waren. In einem Auto hatte sich jemand erschossen, dieses wurde dann von unseren Hunden gesucht. Das sah schon ziemlich schlimm aus. Der Mann hatte sich in den Kopf geschossen. Die Leiche war natuerlich nicht mehr drin, aber die Spuren waren ueberall.

Fuer die Truemmersuche gehen wir einmal im Jahr in die Leichenhalle von Los Angeles. Dieses Jahr werde ich zum ersten Mal mitgehen.

Ich denke, das Schlimmste ist der Geruch. Gerade bei einem Hurricane oder einer Situation, in der man erst nach 3 - 4 Tagen reinkommt.

Lucy_Lou

Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Lucy_Lou »

Ich kann da nicht aus erster Hand berichten und auch nicht von Hunden. Mein Mann ist Rettungstaucher und hatte letztes Jahr seinen ersten Leichenfund. Das Schlimmste für ihn waren die Angehörigen, die dabei waren und gehofft haben. Man hat versucht, abzuschirmen, aber der Kontakt war dennoch da. Dann hat man den Jungen erst am zweiten Tag gefunden, was auf fehlerhafte Zeugenaussagen zurück zu führen war, dennoch bekamen es die Rettungskräfte ab. Damit muss man im Zweifelsfall wohl auch umgehen können. Seelsorger waren vor Ort, aber es war wohl ein Gefühl, dass man das eigentlich nicht in Anspruch nehmen "darf", denn die eigentlich Betroffenen standen ja nur ein paar Meter weiter.
Beim Finden des Jungen war es wohl eher eine Art "Automatismus". Möglichst nicht denken, sondern die geübten Bewegungsabläufe abspulen. Mein Mann hatte jedenfalls ziemlich dran zu knabbern...
Ich persönlich könnte das glaube ich nicht. Meine Hochachtung für alle, die das schaffen!

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ChrissiB
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Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von ChrissiB »

Ich hatte noch keinen Fund und unsere Staffel auch noch keinen Zum Glück.
Ich weiß nicht was ich da machen würde, aber bei uns gibt es einen Polizeipfarrer der auch diese Krisenintervention macht und der steht uns da zu seite, heißt der wäre dann sofort vor Ort.
Gespräche in der Staffel gibt es nach jeden Einsatz egal wie lange er dauerte oder wie spät es ist. darauf besteht unser Staffelleiter.


LG chrissi

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Katrin85
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Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Katrin85 »

Raven hat geschrieben:Ich denke, das Schlimmste ist der Geruch. Gerade bei einem Hurricane oder einer Situation, in der man erst nach 3 - 4 Tagen reinkommt.
Das lese / höre ich immer wieder.scheint echt extrem sein und hängen bleiben.. In dem Buch "Der Hund im Rettungsdienst" schreibt A.v.Buddenbrock dass sie mit ihren Staffelmitgliedern ein Institut für Rechtsmedizin besucht, wo die Rettungshundeführer verschiedene Stadien des Verwesunfsprozesses menschliher Körper sehen können

Raven

Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Raven »

In der Leichenhalle, in der wir trainieren gehen werden, hat es offenbar auch eine Verwesungskammer, die wir benutzen werden.

OT: Was mich erstaunt hat, ist, dass es offenbar fuer ganz Los Angeles nur eine Leichenhalle gibt! :o

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Wiesie
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Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Wiesie »

Meine alte Hündin hat in der Flächensuche ohne Anzeige reagiert.
Ihr Verhalten war aber für mich auffällig, weil ich sie eben sehr gut kenne. Sie kam aus dem Wald mit einem "Ich war das nicht und das ist ganz bestimmt pfui"-Gesicht.

Die Leichen (oder Leichenteile), die ich bisher gesehen habe, habe ich gut weggesteckt. Ich brauche hinterher jemanden, mit dem ich reden kann. Danach ist alles wieder gut.

BeagleMary

Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von BeagleMary »

Ich hab ja nun nichts mit RH-Arbeit zu tun, Leichenfunde haben wir auf Arbeit allerdings öfter.
Einige kommen damit besser zurecht, andere nicht. Einige Leichen kann man sich gut anschauen, andere wiederum nicht. Kommt ganz auf die Liegezeit, den Grund des Todes etc. an.
Es tut auf jeden Fall gut im Nachhinein mit jemandem darüber zu reden und vor allen Dingen sich auch trauen zu sagen, dass es einen belastet/belastet hat. Bloß nicht einen auf hart machen, das bringt einem selbst gar nichts! Ich denke in einer guten Staffel sollte es aber sowieso eine Einsatznachbereitung geben.
Wirklich beschult werden kann man was das angeht, meiner Meinung nach, nicht. Mir hilft es der Person nicht direkt in die Augen zu schauen, wobei ich "meine" Leichen bisher auch alle gut wegesteckt habe, auch den Geruch. Da belasten mich ehrlich gesagt schwer Verletzte viel mehr, insb. wenns Kinder sind...

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Itundra
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Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Itundra »

Ela, Kollegin?! :)

Ich kann dir auch nur den Tipp geben mit jemanden, der das gleiche erlebt hat zu reden. Auch wenn du das Gefühl hast, dir geht es gut und dir macht es im Moment nix aus. Glaub mir, das kommt ganz plötzlich in einer ruhigen Minute wieder.
Manche gewöhnen sich daran, andere wieder nicht (ich z.B.) Ich muss jedes mal nach dem Dienst dann auf einen Saft gehen und darüber reden, dass ich damit klar komm!

Aber die Leute reagieren ganz verschieden. Wirklich sagen wirst du es erst können, wenn du eine gesehen hast!

Raven

Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Raven »

Heute war unser Training in der Leichenhalle in Los Angeles. Auch wenn wir anfangs noch gewitzelt haben, dass Michael Jackson vielleicht noch dort ist (war er dann doch nicht, er wurde gestern freigegeben), wurde ich doch recht nervoes, als es hiess, dass wir fruehzeitig sagen sollen, wenn es uns nicht mehr gut ginge.

Die Leichenhalle war tatsaechlich haarstraeubend - nicht so, wie man sich das diversen TV Shows vorstellt, ich denke, vorallem wegen der grossen Anzahl der Leichen.

Frida hat sich ganz toll gemacht und sich nur auf die lebenden 'Opfer' konzentriert und fuer mich war es ein guter Test, zu sehen, wie ich in einer solchen Situation reagiere. Das 'echte Leben' ist natuerlich dann doch nochmal etwas anderes, aber ich weiss jetzt wenigstens, dass ich damit umgehen kann, ohne koerperlich belastet zu sein.

Ich war aber dankbar fuer den Tip, mit jemandem darueber zu reden. Auch wenn mein Mann sicherlich nicht alle Details hoeren wollte. :wink:

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Katrin85
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Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Katrin85 »

Raven sowas finde ich super, dass ihr dort trainiert. Allein die Überwindung sich der Situation auszusetzen und das alles um sich herum zu haben und sich trotzdem auf den Hund konzentrieren zu können - Respekt.
Wie habt ihr denn trainiert, irgendwie "dazwischen" eure Leute versteckt? Kanns mir garnicht vorstellen

Raven

Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Raven »

Die Details, wie's dort ausgesehen hat, schreibe ich gerne per PN, ich glaube, das waere etwas zuviel fuer's Forum. :wink:

Ja, die 'Opfer' wurden zwischen den Leichen versteckt, bzw. es hatte links und rechts Leichen. Zuerst wurden wir ohne Hunde herum gefuehrt, dann nahmen wir die Hunde und liefen mit ihnen durch, beim naechsten Durchlauf hat das 'Opfer' den Hund gerufen und mit dem Spielzeug gewedelt und schliesslich suchte der Hund ohne visuelle Hilfe. Das haben wir dann in der Verwesungskammer wiederholt - dort hatten viele Hunde etwas mehr Muehe (wie wir auch...). Der Geruch war ueberwaeltigend.

Ein Hund hatte sich praktisch nicht in die Kammer getraut und ist schliesslich mit der Rute zwischen den Beinen durch gelaufen.

Es ist wirklich eine gute Uebung und bereitet Hund und Fuehrer auf solche Situationen vor, auch wenn's nicht einfach ist.

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Katrin85
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Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Katrin85 »

Raven hat geschrieben:Ein Hund hatte sich praktisch nicht in die Kammer getraut und ist schliesslich mit der Rute zwischen den Beinen durch gelaufen.
der wahnsinn... gerne alles andre per PN, interessiert mich total. ich finde es wichtig darauf vorbereitet zu sein und finde es gut wenn RH-Führer schonmal leichen/-teile gesehen hat (wie sich das anhört...du weißt wies gemeint ist). Und auch zu wissen wie der Hund reagiert

Frederike

Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Frederike »

ich würde mal drauf tippen, dass nicht-behördliche teams nicht die gelegenheit bekommen werden an solch einer örtlichkeit zu trainieren.
ansonsten drübern vermutlich so, wie raven es beschrieben hat.

auch im freien können leichen übrigens bestialisch stinken ;)

Maya & Pia
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Re: Leichenfunde bei der RH-Arbeit

Beitrag von Maya & Pia »

Mucki88 hat geschrieben:auch im freien können leichen übrigens bestialisch stinken
Das kann ich nur unterstreichen.

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