Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebung

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Kira
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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von Kira »

babett hat geschrieben:Ich geh ab und an mal zu Hütewettbewerben. Da sieht man die Unterschiede recht deutlich. Das AAH-Hüten vs. eine Hüteprüfung im SV - ich sag nur: Welten...!
Ich habe solche Wettbewerbe nicht gesehen. Ich habe schon Borders hüten sehen, Aussies, habe einen Film gesehen, in denen ein Schäfer ne riesen Herde vom Hof auf die Alm getrieben hat mit nem Harzer Fuchs ( das war in Österrreich).
Magst Du die Unterschiede erklären?

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Kangal
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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von Kangal »

Kuvasusa hat geschrieben: Um diese Hirtenhunde besser zuverstehen, sollten wir vielleicht einmal die verschiedenen Rassen, ihre Geschichte und ihren Verwendungszweck vorstellen.

Kangal hat mit den Hunden aus dem Balkan, Russland und Zentralasien mehr Erfahrung.
Mir sind die europäischen Hirtenhunden vertrauter. Hier kenne ich auch beide Seiten, sowohl die des Familienhundes, als auch die des aktiven Nutzhundes an der Herde. Denn in den schweizer Alpen sind ja bekanntlich Herdenschutzhunde im aktiven Einsatz. Aufzucht,- Prägung,- und Haltebedingugen sind hier natürlich sehr unterschiedlich.
Aber uns geht es hier ja um die Haltung von Hirtenhunden in der Familie, als Familienbegleiter, in engbesiedelten Umgebungen.

Das braucht naürlich ein bisschen Zeit .... melde mich dann wieder ....
Vielleicht hat Kangal in der Zeit einen Beitrag fertig ....
Ich fang mal mit Nordafrika an, dem Aidi aus Marokko.

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im Hohen Atlas

Die Hunde der Berber findet man im Atlas - Gebirge noch recht häufig. Sie werden seit Ewigkeiten als Schutzhunde eingesetzt, teils als Schutz vor Luchs (Wolf und Bär gibt es dort nicht) aber auch gegen 2 - beinige Herden-Feinde, also Viehdiebe. Nach der Islamisierung der Berber wandelte sich auch das Verhältnis zum Hund. Es ist ausgesprochen distanziert, "Aidi" heißt einfach "Hund". Die Hunde haben selten Namen, werden oft nicht einmal gefüttert, die Fortpflanzung regeln sie meist selbst, auch der Anschluss an die Menschen / Herden ist nicht unbedingt dauerhaft, in Behausungen der Menschen sieht man sie nie.
Beide Seiten profitieren, die Hunde bekommen ab und zu etwas Abfall der menschlichen Ernährung, die Hirten den Schutz der Herde. In der Regel sind 1 - 2 Hunde bei den Ziegen und Schafen, reicht dort völlig aus. Sehr viele Herden sind auch ohne Hunde unterwegs. Die Bindung zum Menschen ist sehr locker, man wird nie einen Hirten sehen, der einen Hund streichelt oder dergleichen. Die Aidis gelten als sehr robuste und gesunde Rasse, vielleicht auch gerade deswegen, weil sich der Mensch nicht allzu sehr in ihre Selektion einmischt.

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diesen Hirten mit seinem Aidi fotographierte ich im vergangenen Jahr, im Hohen Atlas

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das Aussehen ist nicht so homogen, wie man das z.B. von türkischen Herden kennt

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trotzdem gelten sie lt. FCI als eine Rasse, was ich für die Zukunft skeptisch beurteile

Ich sag's mal so, die Aidis waren eine Rasse, solange sie isoliert waren, also mit den Nomaden im Atlas lebten, keine großen Verkehrswege, Straßen und Verkehr zu dieser Region bestand. Ist heute natürlich anders, es walzen Touristenströme durch's Gebirge, die gesamte Infrastruktur zieht mit. Und es kamen Streuner, also die typischen Strassenhunde hinzu, die man mittlerweile an allen Ecken antrifft. Wie man da die Rassereinheit der Aidis erhalten will, ist mir persönlich absolut schleierhaft. Allerdings gibt's ja auch einen Aidi - Club, der in Rabat sitzt. Vielleicht hält der ja einige reine Stämme, allerdings wird denen dann die Arbeitsgrundlage fehlen.

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Strassenhunde in Marokko

Hier noch eine etwas abgewandelte Form des Herdenschutzes in Marokko- Ziegen auf Argan-Bäumen, unerreichbar für viele Feinde :evil:

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Kira
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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von Kira »

Tolle, spannende Infos!

Willste nicht mal nen Buch schreiben :evil:

Das wäre sicher sehr informativ.

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babett
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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von babett »

Kira hat geschrieben: Ich habe solche Wettbewerbe nicht gesehen. Ich habe schon Borders hüten sehen, Aussies, habe einen Film gesehen, in denen ein Schäfer ne riesen Herde vom Hof auf die Alm getrieben hat mit nem Harzer Fuchs ( das war in Österrreich).
Magst Du die Unterschiede erklären?
Koppelhunde sind gut geeignet für kleine Herden, so bis 30 Stück. Zum Umtreiben oder früh rausschaffen / Abends reinholen. Oder eben, wie in Schottland oder Irland praktiziert, im Frühjahr raustreiben und im Herbst reinholen, für die einzelnen Besitzer die Tiere aus der Herde holen, selektieren fürs Kastrieren oder um die Schlachtschafe von der Stammherde abzutrennen. Die Wanderhüter tun sich da schwerer, bei denen ist der Hetztrieb stärker ausgebildet und 10 Schafe sind für die keine Herde, sondern eher Beute.

Wanderhütehunde ziehen mit der Herde, im Idealfall 24/7 von Frühjahr bis Spätherbst.

Bild

Heutzutage allerdings wird abends gepfercht, wenn der Schäfer Feierabend macht und heimfährt, geht der Hund mit. Das besondere gegenüber den Koppelhunden ist, daß der Schäfer die Herde bewegt, er "zieht" sie aus dem Pferch bis zur Weide. Ist ein toller Anblick, wenn 1000 Schafe den Feldweg langlaufen, voran der Schäfer, links und rechts die Hunde, die Übergriffe auf die Nutzpflanzen verhindern, über allem eine riesige Staubwolke... *g*

Bild

Im Gehüt (also, wenn die Schafe fressen) "wehrt" der Hund, das heißt, er läuft auf einer vom Schäfer angewiesenen Grenze (der "Furche") und scheucht die Schafe zurück, die diese Linie übertreten wollen. Hier Beauceron Doran beim "Furche laufen": [Nur registrierte Benutzer können diesen Link sehen]

Der nächste Film zeigt den Eintrieb, die Schafe werden abends "gepfercht" - also für die Nacht in eine mit Netzen abgetrennte Weide gesperrt. Man sieht deutlich den Unterschied zwischen Wanderschäfer- und Koppelhunden. In der ersten Sequenz bringt die junge Schafpudelhündin die Herde in Bewegung. Ronja (die ältere Schafpudelhündin) drückt von links oben, Amelie (die ältere Beaucihündin) wehrt oben auf dem Damm, bis die Herde zieht. Danach wehrt sie an der Seite durch, damit keines der Schafe seitlich ausbricht. Man sieht, daß sie nicht hinter die Herde geht, sie bleibt an der Seite und steht dann dort, wo die Herde einen kleinen Bogen machen muß. Der Schäfer läuft vor der Herde, er "zieht" die Schafe. Die beiden Hunde am Koppel sind einmal eine junge Beauceronhündin, die als Azubi mitläuft und die junge Schafpudelhündin, die als Mannhund arbeitet und nur in bestimmten Situationen eingesetzt wird. [Nur registrierte Benutzer können diesen Link sehen] (rund 12 MB - sorry für die Qualität, es war schon ziemlich duster und ich mußte teilweise den Zoom voll ausreizen)

Man sieht deutlich, was die Hunde hier für ein Laufpensum bewältigen müssen und daß es ohne den entsprechenden "Hütetrieb" und eine gewisse Selbständigkeit nicht geht.

Im Gegensatz dazu sieht man beim Leistungshüten der DSH deutlich, daß diese Hunde zum Großteil keine Ahnung haben, was da eigentlich abläuft. Es gibt einige, die eine wirklich tolle Leistung zeigen, aber das Gros läuft eben dort, wos der Papa angewiesen hat und schert sich nicht um die Herde. Kreisende statt fressende Schafe im engen Gehüt, Schafe, die direkt vors Auto gejagt werden ... Nach dem 3. Team ist die Wiese nur noch ein Schlamm, während bei den AAH-Meisterschaften auch nach dem 10. Team noch Wiese da ist und die Schafe ruhig fressen.

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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von Kira »

Die Furche laufen ist auch eigentlich Aufgabe eines Harzer Fuchses.
Danke , ein sehr informativer Beitrag und tolle Videos.

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babett
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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von babett »

Kira hat geschrieben:Die Furche laufen ist auch eigentlich Aufgabe eines Harzer Fuchses.
Sag ich ja, Altdeutsche sind Wanderschäferhunde.

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Kangal
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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von Kangal »

also dann ab nach Kleinasien, das geht schnell :evil:

Kangal

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So, jetzt muß Susanne kräftig aufholen :D

EDIT:
Wobei man hinzufügen muß, daß es noch viele andere Schläge und Rassen an Hirtenhunden in der Türkei gibt.
Die o.a. sind die bekanntesten und auch die, die in der nächsten Zeit ihren FCI-Standard bekommen werden.

Kira
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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von Kira »

Kangal hat geschrieben:

So, jetzt muß Susanne kräftig aufholen :D

Ist das hier ein Wettkampf :evil: ?


Danke für die Links!

Ich finde hier aber nicht nur die heutigen Arbeitsfelder dieser Hunde spannend, sondern auch wieviel genetisch festgelegt ist. Da wird dem Mensch doch mal wieder gezeigt, dass man nicht alles mit *Erziehung und Training* beeinflussen kann, was ich gut finde. Auch mal was nehmen, wie ist es , scheint die schwerste Aufgabe der Menschen zu sein.

Hast Du @Kangal mal von einem Projekt gehört, wo man ich glaube Kangals nach Afrika bringt als Welpen und dort von einem erwachsenen Hund Schafherden schützen soll- aber nicht vor Wölfen?

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Kangal
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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von Kangal »

Ja, geht um das Projekt von Dr. Marker.
Nicht um Wölfe, sondern um Geparden, die man nun nicht mehr töten muß, wenn die Hunde die Herden beschützen.
Ähnliches gibt es auch in Südafrika.

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Die Kangals eignen sich deshalb so gut, da die klimatischen Bedingungen in Namibia ähnlich denen auf dem Hochplateau von Sivas sind, von dem diese Hunde stammen.
Es sind auch Kangals aus deutschen und holländischen Zuchten im Einsatz.

Kira
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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von Kira »

Das ist man eine Lösung die für alle Tiere eine richtig lohnenswerte Lösung ist- Kangal bekommt eine Aufgabe, wie sie ihn kaum besser sein kann, ausserhalb der Heimat, die Schafe wie die Geparden werden geschützt. Wieso kann man sich daran nicht auch in hiesigen Bereichen ein Beispiel nehmen? Und nicht nur in diesem Sinne, also die Schafe mit Hunden schützen, sondern noch weitgreifender?

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babett
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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von babett »

Kira hat geschrieben: Wieso kann man sich daran nicht auch in hiesigen Bereichen ein Beispiel nehmen? Und nicht nur in diesem Sinne, also die Schafe mit Hunden schützen, sondern noch weitgreifender?
Naja, weil Spaziergänger sofort nach dem Ordnungsamt brüllen, wenn ein Hund bellen und ohne Leine auf sie zukommt. Und nicht einsehen, daß man die süüüüßen Lämmer nicht streicheln soll. War der Grund, warum ich nicht mehr mit Shiva hüten durfte.

Horst
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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von Horst »

Verändert eine Kastration das natürliche Verhalten der HSH?

Gibt es da Erfahrungen?

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Trini
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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von Trini »

@ Horst

Deine Frage kann nicht wirklich ernst gemeint sein, oder? Wenn es um hormonell beeinflußtes Verhalten geht, kann eine Kastration helfen, aber bei natürlicher Veranlagung bzw. Persönlichkeit sehe ich keinen hormonellen Einfluß..... :roll:

@ Katrin
Tolle Fotos und Videos. :-BD
Traurig, daß aus solchen Gründen deine Shiva nicht mehr hüten darf. An unserem alten Wohnort - mitten im Ruhrgebiet - gibt es einen Wanderschäfer, der seine Herde auch entlang der Ausflugsgebiete mit mindestens einem Harzer und einem Cattledog(?) treibt. Das ist hier nicht wirklich ein normales Bild, aber trotzdem wäre keiner der Spaziergänger drum rum auch nur auf die Idee gekommen, die süßen Lämmer abzuknuddeln.

@ All
Ich bin ein großer Fan der HSH und ich hoffe, daß irgendwann hier auch noch einmal ein Kangal einzieht. Ich habe diese Hunde völlig unbedarft als TH-Gassigängerin kennengelernt, ohne durch irgendwelche Lese-Vorkenntisse über HSH beeinflußt zu sein. Oft kann Nicht-Wissen auch helfen unbedarfter an bestimmte Hundetypen ranzugehen. :zwink: Die beiden Kangal-Schwestern waren so verschieden wie Tag und Nacht, mit 1,5 Jahren noch relativ jung und einfach toll. :) Zur Begrüßung bekam man erst einmal die Vorderpfoten auf die Schultern gelegt (auch mein Mann der fast 2m groß ist) und einen kräftigen Hundekuß ins Gesicht gedrückt. Beide natürlich noch nicht wirklich erzogen und wenn sie den Turbo einlegten, konnten man nur den nächsten Baum ansteuern, um sich dran festzuhalten. :lol: Eine gewisse Portion war auch deutlich vorhanden. Vom Charakter her waren beide Hunde deutlich verschieden. Die eine Schwester war die Ruhigere, Besonnere, die aber vermutlich, auch die Ernsthaftere war, was im Erwachsenenalter sicherlich schwieriger war, während die andere, die lautere aber deutlich albernere Hündin war. Die beiden sollten damals nur im Doppelpack abgegeben werden und unsere Wohnverhältnisse ließen noch nicht einmal einen Hund dieser Größe zu. Ich habe wirklich ernsthaft überlegt und habe mich versucht im I-Net über Kangals schlau zu machen. Da wurde der "Horrorhund" schlechthin vorgestellt, bei dem soooo unendlich viel falsch laufen kann, daß man es wirklich mit der Angst bekam. Ich habe aber immer vermutet, daß es eher darum ging, blauäugige Hundekäufer vom Kauf von HSH aus Gründen der Optik abzubringen.

Zufällig ist es dann bei uns ein PON geworden. Unserer hat auch ein bischen was vom HSH abbekommen, auch wenn er offiziell ein Hüter ist. :biggrins: Er kann stur bis zum Abwinken sein, wobei er dabei durchaus auch seine Gründe hat. Da kann ich mit der Fleischwurst vor seiner Nase rumwedeln, wenn er etwas nicht will, dann will er nicht. Und er ist durchaus sehr verfressen. Herr Hund denkt lieber selber....
Er ist extrem schnell gelangweilt und Übungen dürfen nicht mit Druck verbunden sein, sondern müssen grundsätzlich spassig sein und nicht zu viele Wiederholungen beeinhalten - lieber kurz und knackig. Auch wenn wir noch nie richtig hüten war und dies vermutlich auch niemals tun werden, sieht man bei ihm, daß er ein typischer Furcheläufer ist. Er verläßt von sich aus niemals Wege und wenn er die Wahl zwischen freier Wiese oder ausgetretenem Wildwechsel beim Spazierengehen hat, wählt er immer den Wildwechsel, ist ja auch ein Weg. Und er weiß auch, was sein eigentlicher Job ist, ohne es jemals gelernt zu haben. Eine gute Bekannte von uns hat Schafe, die sie mal im Beisein des Hundes im "Garten" laufen ließ. Herr Hund hat die Böcke in einem Teil des Gartens auf der richtigen Wiese geparkt. Nachdem sie dort standen, drehte er sich um und zog zufrieden seines Weges. Spannend an der ganzen Aktion fand ich, daß mein sonst so lauter Hund, alles nur über Körpersprache regelte, obwohl er eigentlich keinen blassen Schimmer davon haben konnte, was er tun sollte.
Lange Rede - kurzer Sinn: ich liebe selbständig denkende Hunde. :)

@ Kirsten
Manchmal schadet zu viel Wissen auch. Auch HSH sind "nur" Hunde. Und von einem 8 Monate alten pubertären Hund kann man auch nicht allzu viel Richtung Bindung und Aufmerksamkeit bei doofen Übungen erwarten.... Egal ob HSH oder sonstiges Bellfell.

LG
Martina

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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von Kuvasusa »

Kira hat geschrieben: Da wird dem Mensch doch mal wieder gezeigt, dass man nicht alles mit *Erziehung und Training* beeinflussen kann, was ich gut finde. Auch mal was nehmen, wie ist es , scheint die schwerste Aufgabe der Menschen zu sein.
Und das ist genau der Punkt, wo die Trainer oftmals anstehen ....
Deshalb, meinte ich auch, Talente, Gaben, Lieblingsbeschäftigungen des Hundes suchen, die Hunde in ihrer Welt abholen und sich mit ihnen zusammen beschäftigen, das fördern, was sie von sich aus anbieten.

Vertrauen und Bindung sind das aller wichtigste. Und statt Drill, kann man mit diesen Hunden ganz viel erreichen, in dem man sie auf die Situationen prägt. Dinge ( das Treiben der Zivilisation z.B. Bus, zug, Restaurant, Jogger, Biker, Skater, ect. ) mit ihnen zusammen anschaut, erlebt, erfahren. Wohlverhalten bestätigen. Welpis und Jungehunde sind sehr wohl noch verfressen .... und die belohnung sollte etwas WERT sein, und nicht schnödes Trockenfutter ....
Neufi Hope hat geschrieben:
Ich hätte jetzt nicht von einem Dominanzproblem gesprochen, wohl aber von einem deutlichen Desinteresse an dem, was der, der sich Herr und Meister wähnte, eigentlich vorgeben wollte. Da war null Orientierung am Menschen vorhanden.
Typisch HSH oder doch zumindest Optimierungsbedarf in der Beziehung?
Tja, ....... Typisch HUND der sich verselbständigen konnte, oder es an Bindung und Beziehung zu seinem Meister mangelt. Meistens liegt es an allem zusammen.

HSH sind sehr neugierig und wie alle anderen Vierbeiner auch, verselbstständigen sie sich auf ihren Entdeckungsreisen sehr schnell, wenn man nicht aufpasst und sie als Welpen und Junghunde schalten und walten lässt. Daher lieber von Welpesbeinen an alles an bindungs,- beziehungs, - vertrauensfördernden Arbeiten machen und prägen, prägen, prägen .... Dadurch, dass die grossen Hirtenhunde meistens eher Spätzünder sind, hat man ein paar Monate mehr Zeit, ihnen unsere urbane Welt mit dem Alltäglichen Wahnsinn zu zeigen. Und dies zu allen Tages und Nachtzeiten. Zusammen zeit verbringen, sich zusammen zu beschäftigen und erleben, schafft auch Bindung.
Hier ist auch wichtig, dass während der sogenannte " Angstphase" ruhig weiter geprägt wird und dem Hund den Wind aus den Segeln genommen wird. Man also gar nicht auf seine Angst und sein Gezeter oder unsicheres Gebell eingeht, sondern ihn schauen und erleben lässt. Notfalls zwischen seinen Beinen sitzend. Als Schutz.

@Horst:
Tja, in den Alpen werden manche Herdenschutzhunde kastriert !! Weil sie in meist (Familien-)verbänden an den Herden arbeiten und man ungewollte Verpaarungen, aber auch Zickenkrieg und andere Dispute damit zu unterbinden versucht. Würden sich die Schutzhunde an der Herde dauernd aus hormonellen Gründen bekriegen oder sonst wie abgelenkt, wäre der Schutz der Herde nicht gewährleistet. An den Schutzqualitäten tut das keinen Abbruch.
Trini hat geschrieben: Ich habe wirklich ernsthaft überlegt und habe mich versucht im I-Net über Kangals schlau zu machen. Da wurde der "Horrorhund" schlechthin vorgestellt, bei dem soooo unendlich viel falsch laufen kann, daß man es wirklich mit der Angst bekam. Ich habe aber immer vermutet, daß es eher darum ging, blauäugige Hundekäufer vom Kauf von HSH aus Gründen der Optik abzubringen.
Da vermutest Du richtig Martina. In Rasseberatungen zeige ich auch immer lieber die schlechte, potenziell gefährliche Seite der Rasse auf ! ;)

Liebe Grüsse
Susanne mit Rahan und Monello

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Re: Haltung von Herdenschutzhunden in unserer engeren Umgebu

Beitrag von Kangal »

Kuvasusa hat geschrieben: @Horst:
Tja, in den Alpen werden manche Herdenschutzhunde kastriert !! Weil sie in meist (Familien-)verbänden an den Herden arbeiten und man ungewollte Verpaarungen, aber auch Zickenkrieg und andere Dispute damit zu unterbinden versucht. Würden sich die Schutzhunde an der Herde dauernd aus hormonellen Gründen bekriegen oder sonst wie abgelenkt, wäre der Schutz der Herde nicht gewährleistet. An den Schutzqualitäten tut das keinen Abbruch.
Auch ein Unterschied zu den Asiaten.
Dort wird nichts kastriert, läufige Hündinnen werden während der kritischen Zeit weggesperrt.
Inwieweit es die Schutzqualitäten beeinflusst, sieht man erst, wenn das Verbellen die Wölfe nicht abhält und die Hunde auch körperlich eingreifen müssen. Kommt selten vor, in den Alpen ist der Druck auf die Herden auch nicht ansatzweise so groß wie in manchen Gebieten der Türkei, in denen jede Nacht Angriffe erfolgen können, vor allem in der Zeit, in welcher die Jungwölfe durch die Alten an das Jagen und Töten herangeführt werden. Vergleiche mit kastrierten Kangals oder Alabais hat man nicht. Ich könnte mir schon vorstellen, daß es Einfluss hat, man kastriert ja auch Kater, um Revierkämpfen vorzubeugen. Der Herdenschutz ist in erster Linie auf die Verteidigung des Territoriums aufgebaut.

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